Bevor mir Paul Bocuse persönlich begegnete, war es ein Bresse-Huhn, das uns verband: Es stammte aus seiner Küche, gerupft und prall, lagerte in meinem Kühlschrank zwischen und Karl Ederer in München verarbeitete es zu einem grandiosen Menü für drei Herren in den besten Jahren und mich.
Mehr als das Huhn verflocht uns der Transporteur: Emil Perauer. Ein Goldschmied, der bereits Sophia Loren das Geschmeide ans Dekolleté angepasst, Fotograf, der für den Burda Verlag das erste Pariser Büro an den Champs-Elysées eröffnet hatte, mit Herbert von Karajan über die Meere gesegelt war und für Caroline von Monaco in Afrika gekocht hatte – und mein Freund, der mit schulterlangem weißem Haar, Hund, einer Kiste Wein und dem Bresse-Huhn von Paul vor meiner Haustür stand.
Ich hatte Emil in Salzburg kennengelernt und ein Champagner-Abend im "Goldenen Hirschen" sowie Bellini und Bratwurst zum Katerfrühstück verbanden uns fürs Leben. Als er ernsthaft krank war, besuchte ich ihn in der Klinik und er bat mich, Paul anzurufen. Monsieur Paul und ich hatten nur wenige Telefonate, in denen ich ihn über das Befinden seines Freundes informierte.
Doch als ich in seinem Restaurant in Collonges-au-Mont-d'Or saß, die Wohnzimmeratmosphäre genoss und Soupe Valéry Giscard d'Estaing löffelte, kam er an den Tisch und die runden Backen unter der hohen Kochmütze wurden noch breiter, als ich Emils Namen erwähnte. Wir plauderten über die guten Zeiten, den wunderbaren gemeinsamen Freund; es gibt ein Erinnerungsfoto: Monsieur Paul, der mich mit seiner Kochmütze überragt. Seine Handy-Nummer ist noch in meinem Smartphone gespeichert, ich habe ihn nie wieder angerufen.
