„Des isch ganz wunderbar!“, zeigte sich Tomi Ungerer bei seinem gestrigen Besuch begeistert von der Ausstellung seines Freundes Raymond E. Waydelich in der Städtischen Galerie und im Kunstverein Offenburg. „Raymond und ich haben viel gemeinsam“, betonte er, „wir haben den gleichen Humor und die gleiche Vorliebe, Geschichten zu erzählen.“ Manchmal frage er sich, ob das typisch elsässisch und vielleicht auf Sebastian Brants „Narrenschiff“ zurückzuführen sei. Ungerer, wie auch Waydelich in Straßburg geboren, sagte: „Jede Arbeit von Raymond kann ich sofort tief empfinden“ und freute sich beim Anblick der Serie „Opéra Heidi“ wie ein kleiner Junge: „Des isch keschtlig!“ Kennengelernt hatten sich Waydelich (Jahrgang 1938) und Ungerer (Jahrgang 1931) Anfang der 70er Jahre in Straßburg. Seitdem gab es gemeinsame Aktionen wie 1987 „Achtung, die Elsässer kommen!“ in Hamburg und jeder besitzt eine kleine Sammlung mit Arbeiten des Künstlerkollegen. „Wir sind zusammen geboren“, grinste Ungerer und bezeichnete Waydelich und sich selbst als „siamesische Brüder“. „Wir sind beide Agents provocateurs“, sagte er. Ungerer bedankte sich bei Gerlinde Brandenburger-Eisele von der Städtischen Galerie und Martin Sander, Geschäftsführer des Kunstvereins, für die Retrospektive. „Man muss diese Ausstellung gesehen haben, um die Dimension von Raymonds Werk zu verstehen“, so Ungerer und verglich die Schau mit einer „Autobiografie“. Einen Seitenhieb auf den französischen Kulturbetrieb konnte er sich nicht verkneifen: „Um einen großen elsässischen Künstler zu sehen, müssen wir Elsässer nach Offenburg kommen.“ Kein zeitgenössisches Museum in Frankreich stelle elsässische Künstler aus, kritisierte er und provozierte: „Wir leben als Elsässer unter einer großen Schande – und das ist Frankreich!“ Tomi Ungerer bedauerte, dass die einzige kulturpolitische Schlacht, die er verloren habe, seine „Elsass-Schlacht“ gewesen sei. Mit Waydelich war er sich aber einig, dass die Regio ein wunderbarer Landstrich ist und die gemeinsame alemannische Sprache Elsässer, Badener und deutschsprachige Schweizer verbinde.
Die Ausstellung hat bis zum 28. Mai 2017 dienstags bis sonntags geöffnet.
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Gérard Vincent, Ute Dahmen, Tomi Ungerer, Raymond E. Waydelich, Martin Sander, Gerlinde Brandenburger-Eisele (v.l.) |