Samstag, 7. Februar 2015

Opern-Tipp: "La Clemenza di Tito" in Straßburg



Ein Herrscher mit Herzensbildung ist die zentrale Figur in Mozarts letzter Oper "La Clemenza di Tito". Der Mann, dem Milde über Strafe geht, der nicht von Macht- sondern Mitgefühl geleitet wird, ist Titus, römischer Kaiser im 1. Jahrhundert. Ein Ideal, das bei der Uraufführung im Prager Ständetheater 1791 zur Krönung Kaiser Leopolds II. zum König von Böhmen vermutlich nicht weniger unerreichbar war als heute. Die deutsche Opernregisseurin Katharina Thoma siedelt die Story um Liebe und Vergebung in der ersten Neuinszenierung von "La Clemenza di Tito" der Straßburger Rheinoper nach zehn Jahren in den 50ern an. Mode, Möbel und Interieur erinnern an eine Chefetage der Wirtschaftswunderzeit. Vitellia (die Amerikanerin Jacqueline Wagner) , Verschwörerin aus Eifersucht, im grauen Kostüm und blonder Bananen-Hochsteckfrisur ist eine kühle Hitchcock-Schöne. Der ihr ergebene Sextus (Mezzosopran Stephanie d'Oustrac aus Rennes) verrät Freund und Herrscher Tito (den deutschen Tenor Benjamin Bruns) in Papst-roten Schuhen aus Liebe. Das Kapitol brennt. Und während der erste Akt lustspielhaft und mit sich ständig drehender Bühnenlandschaft pure Unterhaltung war, fängt der Zuschauer im zweiten Akt wirklich Feuer. Sextus' Arie berührt das Herz und selbst "Hitchcock-Blondine" Vitellia lässt mit ihrem Geständnis und weicher Wellenfrisur nicht kalt. Die Demonstranten, die mit Titus nicht konform gehen, erinnern an Pegida in Deutschland und Le Pen-Anhänger in Frankreich. Punktum: eine Oper, die berührt, unterhält und zum Nachdenken anregt.

Termine
Straßburg, Opera national du Rhin
8.2., 15 Uhr
17.2., 20 Uhr
19.2., 20 Uhr
21.2., 20 Uhr
Mulhouse, La Filature
6.3., 20 Uhr
8.3., 15 Uhr

Tickets unter

Mittwoch, 4. Februar 2015

Aber bitte mit Sahner

Frank Elstner (links) im Gespräch mit Paul Sahner


Danke, Paul Sahner, für das charmante Feedback auf die Aenne Burda-Biografie im Europa-Park, wo der "Bunte"-Journalist und Autor sein neues Buch "Merci, Udo!" vorstellte. 
In nur 14 Tagen schrieb Paul Sahner ein Buch über Udo Jürgens. 80 Jahre gelebtes Leben auf 173 Seiten. Die Präsentation von "Merci, Udo!" in Rust machte den Star fast wieder lebendig. Frank Elstner im Gespräch mit Paul Sahner war große Bühne – unterhaltsam, offen, ehrlich – es fehlte nur der Mann im weißen Bademantel…
Am 21. Dezember 2014 starb Udo Jürgens. Plötzlich. "Ein 80-Jähriger, der auf der Bühne stand wie mit 60", sagt Paul. Er und seine Frau Martina hatten an diesem Abend, drei Tage vor Weihnachten, diskutiert, ob sie beim Thai oder Italiener zu Abend essen. Ein Kompromiss war die "Waldfee", ein österreichisches Lokal in München. Noch vor der Nachspeise ein Anruf: "Udo Jürgens ist tot!" Der Wirt ist bestürzt: "Mein Gott!" Erst vor kurzem hatte noch die Justin Bieber- und Miley Cyrus-Generation die After-Party von Udos Konzert in München bei ihm gefeiert. Paul fährt in die "Bunte"-Redaktion, Titel-Story bis 2 Uhr früh. Zu Hause kann er nicht einschlafen, denkt an Udo, den er über 40 Jahre lang kannte. Um 7 nickt er weg, um 9 Uhr Telefon: Verleger Manuel Herder. Er will ein Buch über Udo Jürgens. Bis zum 4. Januar. Paul spricht mit seiner Frau. Über die Feiertage war eine Last Minute-Reise geplant. Quality time mit der Familie. Paul Sahner sagt zu. Liest sich durch Interviews und Gespräche, die er mit Udo führte, veröffentlichte und unveröffentlichte. Telefoniert. Mit Franz Beckenbauer, Karl Dall, Hellmuth Karasek, Frank Elstner, Niki Lauda, Werner Kimmig in Oberkirch, Udos unehelicher Tochter Gloria. Im Gespräch mit Frank Elstner beschreibt er Udo Jürgens als einen der "einsamsten Menschen, die ich je kennen gelernt habe". Einen Mann, der keine Nacht im Hotelzimmer allein verbringen konnte. Der junge Dinger liebte und das Glück seiner letzten Jahre mit einer Frau fand, die überhaupt nicht in sein Schema passte: burschikos, an seiner Seite und der Öffentlichkeit unbekannt. 
Elstner und Sahner sind ein Dream Team. Unterhaltsam, kurzweilig, ein Gespräch voller Esprit. Einmal wird es sehr ernst. Sie sprechen über Michael Schumacher, den Paul Sahner gut kennt, ebenso dessen Familie. Was er sagt, tut weh: "Es geht ihm schlecht. Es gibt keine wesentliche Besserung. Meine Frau und ich stellen immer wieder eine Kerze für ihn auf. Es macht mich tieftraurig, zu wissen, dass es diesen Mann, den wir alle kennen, schätzen und lieben, vermutlich nie wieder geben wird." – "Das war hart und sehr berührend", sage ich zu Martina, Pauls Frau. "Aber es zeigt", sagt sie, "wie ehrlich er ist."

Paul Sahner
Merci, Udo!
Herder Verlag 
16,99 Euro