Ein Herrscher mit Herzensbildung ist die zentrale Figur in Mozarts letzter Oper "La Clemenza di Tito". Der Mann, dem Milde über Strafe geht, der nicht von Macht- sondern Mitgefühl geleitet wird, ist Titus, römischer Kaiser im 1. Jahrhundert. Ein Ideal, das bei der Uraufführung im Prager Ständetheater 1791 zur Krönung Kaiser Leopolds II. zum König von Böhmen vermutlich nicht weniger unerreichbar war als heute. Die deutsche Opernregisseurin Katharina Thoma siedelt die Story um Liebe und Vergebung in der ersten Neuinszenierung von "La Clemenza di Tito" der Straßburger Rheinoper nach zehn Jahren in den 50ern an. Mode, Möbel und Interieur erinnern an eine Chefetage der Wirtschaftswunderzeit. Vitellia (die Amerikanerin Jacqueline Wagner) , Verschwörerin aus Eifersucht, im grauen Kostüm und blonder Bananen-Hochsteckfrisur ist eine kühle Hitchcock-Schöne. Der ihr ergebene Sextus (Mezzosopran Stephanie d'Oustrac aus Rennes) verrät Freund und Herrscher Tito (den deutschen Tenor Benjamin Bruns) in Papst-roten Schuhen aus Liebe. Das Kapitol brennt. Und während der erste Akt lustspielhaft und mit sich ständig drehender Bühnenlandschaft pure Unterhaltung war, fängt der Zuschauer im zweiten Akt wirklich Feuer. Sextus' Arie berührt das Herz und selbst "Hitchcock-Blondine" Vitellia lässt mit ihrem Geständnis und weicher Wellenfrisur nicht kalt. Die Demonstranten, die mit Titus nicht konform gehen, erinnern an Pegida in Deutschland und Le Pen-Anhänger in Frankreich. Punktum: eine Oper, die berührt, unterhält und zum Nachdenken anregt.
Termine
Straßburg, Opera national du Rhin
8.2., 15 Uhr
17.2., 20 Uhr
19.2., 20 Uhr
21.2., 20 Uhr
Mulhouse, La Filature
6.3., 20 Uhr
8.3., 15 Uhr
Tickets unter